Oftmals erreichen uns Anfragen von interessierten Menschen, die gerne mal 1-2 Monate im Winter bei der Olivenernte auf Kreta helfen wollen. Die Vorstellung ist verlockend, bei freier Kost und Logis 2 Monate unter griechischer Sonne zu verbringen. Die Realität ist aber eine andere. Diese wollen wir hier vorstellen.
7 Uhr
Aufstehen. Ausgiebiges Frühstück. Man will ja gestärkt in die anstrengende Arbeit gehen.
8 Uhr
Treffen im Dorf Panethimos (Kissamos, Chania, Kreta) vor dem Kafenio. Die Erntehelfer steigen hinten auf den Pickup und ab geht’s in zügiger Fahrt über unwegsames Gelände. Unterwegs muss man mehrmals in Deckung gehen, da Äste und Gestrüpp im Vorbeifahren hinten auf die Ladefläche schlagen. Allzu zimperlich darf man nicht sein.
8:10 Uhr
Ankunft am Olivenhain, in dem heute geerntet werden soll. Genauer gesagt: Ankunft am Fuße des Olivenhains, denn dieser liegt in einem Steilhang. Wir springen vom Pickup und gehen mit Motorsäge, Olivensäcken und einigen anderen Utensilien den Berg hoch. Oben angekommen legen zwei Erntehelfer die ersten Netze unter die Bäume. Die anderen beginnen, mit den typischen Plastik-Schlägern, vorsichtig die Oliven von den Bäumen zu schlagen. Immer so vorsichtig, dass die geernteten Oliven keinen Schaden nehmen und die Äste am Baum nicht abknicken, aber dennoch stark genug, dass die Oliven vom Baum fallen. Nach 10 min frage ich mich das erste Mal, wie man sowas den ganzen Tag konditionell hinbekommt. Zum einen, über Kopf zu schlagen, zum anderen auf Netzen in einem steilen Hang zu stehen, immer darauf achtend, dass man nicht über die runtergefallenen Oliven trampelt und somit die Qualität des Olivenöls schmälert.
Manolis Daskalakis sägt etliche Äste aus dem Olivenbaum. Man muss schon Olivenbauer sein, um die Pflege und den Schnitt des Olivenbaums zu verstehen.
Die abgesägten Äste zu ernten ist einfacher, als über Kopf zu ernten. Am schwierigsten ist aber das Ernten in höheren Regionen des Olivenbaums. Hierzu muss man gut klettern können und mit sicherem Stand einhändig die Oliven von den Ästen schlagen.
10:00 Uhr
Mit Freude vernehme ich, dass die Frühstückspause beginnt. Erschöpft setze ich mich neben die anderen Erntehelfer in den Hang. Wir trinken aus unseren Wasserflaschen und essen Früchte von den angrenzenden Orangen-Bäumen.
Die Ernte muss ich mit Tennis-spielen vergleichen und ich frage mich, wie man 8 Stunden am Stück in einem Steilhang Tennis spielen kann. Wie dem auch sei. Man lässt sich ja nichts anmerken und nach einer Viertelstunde geht es wieder weiter.
10:15 Uhr
Stundenlang klopfe ich nun schon die Oliven vom Baum. Zwischendurch bin ich froh, als ich mal ein paar Minuten die Netze von einem Baum zum anderen schleppen oder mal ein paar kleinere Äste aus den geernteten Oliven sortieren darf.
Auch beim Säcke füllen packe ich mit an, wobei man schon etwas geübter sein muss, um die Oliven kraftsparend aus den Netzen in die Säcke zu bugsieren. Nur am Rande erwähnt: So ein voller Sack Oliven wiegt 55 kg.
Ich erinnere mich, dass in Deutschland die Zementsäcke irgendwann von 50 kg auf 25 kg halbiert wurden. Irgend ne Geschichte von der Berufsgenossenschaft, damit die Arbeiter bzw. deren Rücken entlastet werden. Für die Olivensäcke in Griechenland hatte noch keiner diese Idee. Ich frage mich, wie wir die Säcke den Berg runter in den Pickup tragen werden .
12:30 Uhr
Mittagspause. Wir fahren mit dem Pickup zurück ins Dorf. Oma Daskalakis hat bereits für alle gekocht. Es gibt griechische Bohnensuppe und Salate. Sehr lecker! Und natürlich den obligatorischen selbstgemachten Wein sowie einige Gläser Raki. Ich wundere mich, wie Opa Daskalakis ( > 70 Jahre) das schafft. Nachher erfahre ich, dass er nur morgens erntet. Nachmittags hat er frei.
Leider geht die Mittagspause nur ne Dreiviertel Stunde und ich habe nachmittags nicht frei. Wir steigen wieder auf den Pickup und es geht zurück zum Olivenhain.
13:30 Uhr
Dort angekommen stapfen die beiden Erntehelfer Argiri und Petros voll motiviert Richtung Olivenhain. Ich bin schon etwas langsamer, will mir aber nicht anmerken lassen, dass mich der Wein und der Raki zusätzlich geschwächt hat.
Im Prinzip verläuft der Nachmittag wie der Vormittag. Stundenlang klopfe ich die Oliven von den Bäumen. Die Säcke füllen sich und mein Handgelenk versteift sich zusehends. Als ich gegen 16 Uhr dann beginne, mit einer langen Stange die Oliven aus einer Baumregion zu ernten, die man mit klettern nicht erreichen kann, kriege ich im rechten Unterarm einen Krampf. Von da an wird es noch schwieriger für mich, mir die Schmerzen nicht anmerken zu lassen.
16:30 Uhr
Das Ernteergebnis des Tages sind 20 Säcke voller Oliven. Tolle grüne Oliven, die wir abends für unsere Frühabfüllung pressen lassen. Dies entspricht ca. 1.100 kg Oliven. Hieraus werden ca. 200 Liter naturtrübes, extra natives Olivenöl gepresst. Manolis Daskalakis ist happy. Die Oliven haben eine sehr gute Qualität. Die Fruchtfliege hat seine Olivenhaine verschont und er weiß jetzt schon, dass das Olivenöl eine sehr hohe Qualität und einen niedrigen Säuregehalt haben wird. Längst vergessen ist der schlechte Ernte-Winter 2013/2014.
Wir beginnen, die Säcke ins Tal zum Pickup zu tragen. Manoli, Argiri und Petros machen das, als wäre es die leichteste Sache der Welt. Für mich ist es mega-anstrengend und ich bin froh, als wir den letzten Sack den Berg runter geschafft haben.
17:30 Uhr
Glücklich aber total geschafft sitze ich bei den anderen am Abendtisch. Oma Daskalakis hat tolle Sachen aufgetischt: Gekochtes Hühnchen, Lamm und griechische Salate. Dazu Reis und natürlich den obligatorischen Wein sowie den Raki.
Total erschöpft falle ich abends ins Bett. Am nächsten Morgen habe ich einen heftigen Muskelkater. Ich glaube es wäre einfacher, die Regionen aufzuzählen, an denen ich keinen Muskelkater hatte. Nur soviel: Ich kann kaum Treppen gehen und meine Rechte Hand ist wie eingefroren. Ich kann die Finger weder durchstrecken noch zu einer Faust ballen.
Ich dachte, ich schaffe so einen Tag mit Leichtigkeit. Schließlich mache ich schon ein Leben lang Sport. Fußball, Fitness-Studio etc.. Aber ein Tag in der Olivenernte in Griechenland ist noch mal eine ganz andere Nummer. Da tröstet es mich wenig, dass Manoli anmerkt, dass er für die Tsounato-Oliven noch unwegsameres Gelände abernten muss.
Die Ernte geht noch weiter bis Mitte Januar. Dann dürften alle 1.500 Olivenbäume abgeerntet sein. Unterbrochen wird die Olivenernte nur an Regentagen. Es kann also sein, dass 10-15 Tage durchgearbeitet wird.
Deswegen mein Rat an alle, die ein paar romantische Monate bei der Olivenernte in Griechenland verbringen wollen: Finger weg !!! Wenn Sie nicht als Landwirt oder Bauarbeiter in Deutschland gearbeitet haben, werden sie keine Chance haben. Zumindest nicht in Kolymvari-Kreta wegen der oftmals steilen Hänge.
Dann lieber vorher Geld sparen und im Winter ein paar entspannte Wochen/Monate auf Kreta verbringen und mal tageweise einen kleinen Abstecher zu den Olivenbauern machen.
Geschrieben wurde dieser Text von Thomas, Ehemann der Inhaberin des Unternehmens ‚Die Amphore‘, die Olivenöl aus Griechenland, insbesondere Kreta importiert.
Das Olivenöl der Familie Daskalakis können Sie übrigens hier kaufen. Und wenn Sie es verzehren dürfen Sie gerne an die Strapazen denken, die die Olivenernte für die Beteiligten bedeutet. Sie werden dann dieses 100%ige Naturprodukt, das in Handarbeit hergestellt wird und zu einem fairen Preis angeboten wird, sehr zu schätzen wissen.